Man könnte ihn als den Orpheus unserer Tage bezeichnen: den Harfenisten Xavier de Maistre. Der Franzose hat dieses Instrument aus einem akustischen Schattendasein in das Licht der musikalischen Weltöffentlichkeit geholt. Im Februar tritt er im Haus der Musik Innsbruck in einem Kammermusiktrio auf.
Die Harfe weist mehr als 5000 Jahre in die Geschichte der Musik und der Kultur der Menschheit zurück. Wie kann sich ihr subtiler Klang in unserer heutigen lauten Welt behaupten?
XAVIER DE MAISTRE: Die Harfe ist gar nicht so leise. Die seit dem 19. Jahrhundert neu entwickelten Instrumente haben sehr viel Kraft, viele verschiedene Klangfarben und ein Doppelpedalsystem, das uns erlaubt, auch chromatische Läufe zu spielen und Harmoniewechsel zu machen. Die im 20. Jahrhundert gebauten Harfen wurden dann noch zuverlässiger: Man kann sie besser stimmen und sie haben einen noch kräftigeren Klang. Deshalb gibt es einen richtigen Boom. Sehr viele Komponisten interessieren sich heute für die Harfe und weltweit gibt es so viele Harfenisten wie noch nie zuvor.
Wie sieht es mit Kompositionen für Harfe aus früheren Epochen aus?
Es gibt sehr viel Harfen-Literatur von unbekannten Komponisten, aber sehr wenig von den bedeutenden. Die Harfe war damals noch sehr schwer zu stimmen, die Saiten waren unzuverlässig, sind oft gerissen. Es gab auch sehr wenig Harfenisten, die diese Stücke hätte spielen können.
Kann der Klang der modernen Pedalharfe heute jeden Konzertsaal füllen?
Die dynamischen Unterschiede sind sehr gut zu hören, die Kontraste wirken sehr stark. Ich bin immer wieder erstaunt, wie laut eine Harfe klingen kann. Ich kann aber ebenso eine große Stille schaffen, wenn ich ein dreifaches Piano spiele.
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Wie viele Saiten hat das Instrument, auf dem Sie spielen?
47 Saiten. Dank der Pedale kann der Ton von jeder Saite um einen Halbton nach oben und unten verändert werden. Wie viele Pedale hat die moderne Harfe? Sieben, für jeden Ton der Tonleiter ein Pedal. Sobald wir eine Veränderung des Tones um einen Halbton höher oder tiefer wollen, müssen wir das mit den Füßen im Pedal machen.
Auf CD haben Sie nicht nur Originalwerke für Harfe, sondern vor allem auch erstaunliche Arrangements bekannter klassischer Werke wie Smetanas „Moldau“ oder Stücke aus Prokofjews „Romeo und Julia“ eingespielt. Mussten Sie dazu spieltechnische Grenzen auf Ihrem Instrument überwinden?
Mit der Standardtechnik wäre vieles nicht spielbar. Deshalb bin ich ständig auf der Suche nach neuen spieltechnischen Möglichkeiten. Man versucht, sich immer neu zu erfinden. Es ist sehr spannend, ein Pionier zu sein und neue Türen für die Harfe öffnen zu können.
In Innsbruck spielen Sie als Solostück ein Impromptu Des-Dur von Gabriel Fauré. Ist das eine Originalkomposition?
Ja, am Pariser Konservatorium war es Tradition, dass jedes Jahr für die Abschlussprüfung der Harfenisten ein neues Werk komponiert wurde. Alle drei Werke mit Harfe im Innsbrucker Programm sind Originalwerke. Ein französisches Programm vom Anfang des 20. Jahrhunderts, sehr romantisch, mit vielen schönen Klangfarben.
Das Interview führte Rainer Lepuschitz.
Zum Kammerkonzert mit Baiba Skride, Daniel Müller-Schott & Xavier de Maistre